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Zwiespältige Eindrücke nach einem guten Resultat

Hinten gut verteidigt, gegen vorne zu wenig gefährlich. Das ist das Fazit der Schweizer nach dem vorletzten Testspiel vor der WM-Endrunde. Ihr Auftritt beim 1:1 gegen Spanien war zwiespältig.

Agentur
sda
04.06.18 - 02:51 Uhr
Fussball
Bei diesem Schuss war Sommer machtlos - sonst hielt der Schweizer Keeper alles
Bei diesem Schuss war Sommer machtlos - sonst hielt der Schweizer Keeper alles
KEYSTONE/LAURENT GILLIERON

Nachdem der finale Sturmlauf der Spanier ohne Erfolg geblieben und das respektable Resultat Tatsachen geworden war, konnten sich die Schweizer in der Analyse nicht ganz einig werden. «In der ersten Hälfte fehlte uns etwas der Mut», sagte Torhüter Yann Sommer. Und Nationalcoach Vladimir Petkovic meinte: «In den ersten 20 bis 30 Minuten waren wir nicht präsent». Stephan Lichtsteiner sah es umgekehrt: Für den Captain waren die Schweizer vor der Pause besser als danach.

Eigentlich erstaunte es, dass die Meinungen auseinander gingen. Denn beide Halbzeiten unterschieden sich spielerisch nur durch Nuancen. Sie hatten vielmehr einen grossen gemeinsamen Nenner. Spanien war besser und dominierte das Geschehen. 65 Prozent Ballbesitz und 14:5 Torschüsse für die Einheimischen unterstrichen dies auch statistisch.

Dass am Ende Torhüter Sommer der beste Schweizer war, erstaunte so nicht. Seine besten Paraden zeigte er in der 2. Minute gegen Thiago Alcantara und in der 85. Minute gegen Rodrigo. Dazwischen verhinderte Sommer drei Mal ein Tor von Andres Iniesta, dem Captain der Spanier, der sein letztes Spiel für sein Land auf heimischem Boden bestritt: «Die Spanier kommen zu Chancen, wenn sie Druck machen, das ist normal», so Sommer. Trotzdem fand er: «Wir haben gut verteidigt - und dies gegen eine solche Weltklasse-Mannschaft.»

Gut verteidigt: Hier waren sich die Schweizer einig, denn auch Innenverteidiger Manuel Akanji fand: «Über 90 Minuten haben wir unsere Sache hinten gut gemacht. So müssen wir auch an der WM auftreten - als Einheit.» Dass er selbst an der WM wieder auftritt, scheint immer wahrscheinlicher. Akanji war zusammen mit dem anderen Innenverteidiger Fabian Schär der beste Schweizer Feldspieler. Er rechtfertigte das Vertrauen von Petkovic, der ihn dem routinierteren Johan Djourou vorgezogen hatte.

Ein Tor nur kassierten die Schweizer in Spanien. In der nun fast zweijährigen Amtszeit von Trainer Julen Lopetegui haben die Spanier in den vorangegangenen acht Heimspielen stets mehr Treffer erzielt. Argentinien musste sechs Tore hinnehmen, Italien deren drei. Der Schweizer WM-Vorrundengegner Costa Rica verlor in Spanien 0:5. Das Resultat, so schmeichelhaft es auch sein mag für die Schweizer, vermittelt ein Bild, das durchaus nicht falsch ist: Wenn es um die Defensivarbeit geht, gehört die Schweiz mindestens zur erweiterten Weltspitze.

Weniger erfreulich sieht es aus, wenn der Fokus auf die Offensive gelegt wird. Sobald die Schweizer ihren eigenen und auf Ballbesitz ausgerichteten Spielstil nicht durchsetzen können, finden sie im Angriff im Prinzip nicht statt. Den ersten Abschluss gab es nach 25 Minuten, das 1:1 durch Rodriguez in der 62. Minute war der erste Schuss, der auf das Tor von Spaniens Keeper David de Gea flog.

Ähnlich dürftig war der offensive Output vor rund acht Monaten schon beim 0:2 gegen Portugal gewesen - bei der einzigen Niederlage in den letzten zwei Jahren. Haris Seferovic arbeitete gewohnt viel für die Mannschaft, war aber im gegnerischen Strafraum nie gefährlich. Sein Ersatz Josip Drmic hatte nach der Pause keine einzige nennenswerte Szene vor dem spanischen Tor. Shaqiri setzte weder vor der Pause auf dem rechten Flügel noch danach in zentralerer Position einen Akzent.

Steven Zuber verdiente sich seine genügende Note vor allem dank seiner taktischen (defensiven) Disziplin, und Blerim Dzemaili hinterliess ausser bei seinem Schuss in der 25. Minute in der gegnerischen Platzhälfte auch keine Spuren. Sommer analysierte die Leistung seiner Teamkollegen in der Offensive: «Wir versuchten, den Ball zu halten und uns zu zeigen. Aber es fehlt noch etwas.»

Dieses «Etwas» gehört zu den Baustellen, von denen Petkovic nach dem Spiel sprach. Und doch wollen die Schweizer durch dieses 1:1 am Montag positiv ins Tessin zurückkehren. «Das ist eine gute Basis, auf welcher wir in den nächsten Tagen weiter arbeiten können», so Petkovic. Und Akanji sagte: «Es gibt Selbstvertrauen, wenn man dieses Resultat erzielt und dabei auf dem Platz stehen durfte.» Spanien ist vorbei, am Freitag geht es in Lugano gegen Japan. Im letzten Test vor dem Abflug nach Russland muss sich dann auch die Schweizer Offensive wieder vermehrt zeigen.

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