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Bayern München geht taumelnd ins Viertelfinal-Duell gegen Arsenal

Nach dem Tiefschlag in der Liga ist die Champions League die letzte Hoffnung für Bayern München, die Saison versöhnlich zu beenden. Vor dem Viertelfinal gegen Arsenal türmen sich jedoch die Probleme.

Agentur
sda
09.04.24 - 05:30 Uhr
Fussball
Die Spieler von Bayern München wirken nach der Niederlage gegen Heidenheim ratlos
Die Spieler von Bayern München wirken nach der Niederlage gegen Heidenheim ratlos
KEYSTONE/EPA/RONALD WITTEK

Thomas Müller scheut sich selten vor Kritik an sich selbst oder seinem Team. Am Samstag hielt er sich jedoch zurück. Dies, obwohl Bayern München erstmals seit 23 Jahren gegen einen Aufsteiger verloren hatte. Notabene nach einer 2:0-Pausenführung in Heidenheim. «Dass wir nicht in der besten Phase der Vereinsgeschichte sind, ist allen Beteiligten klar», sagte Müller mit einem Anflug von Sarkasmus. Trotzdem sei er «fast schon wieder im Kampfmodus Richtung Dienstag».

Im Viertelfinal-Hinspiel in London wird Müller, der gegen Heidenheim sein 700. Pflichtspiel für die Münchner bestritt, wahrscheinlich zu seinem 150. Einsatz in der Champions League kommen. Er wäre nach Iker Casillas (150 Spiele für Real Madrid) und Xavi (151 Partien für Barcelona) erst der dritte Spieler, der diesen Wert für einen Verein erreicht. Doch ausgerechnet vor dieser historischen Marke scheinen Müller und seine Teamkollegen wie blockiert.

Die verunsicherte Mannschaft

Bereits beim Aufeinandertreffen in München im November hatten die Heidenheimer einen 0:2-Rückstand ausgeglichen. Doch damals hatten die Bayern eine sofortige Antwort parat und gewannen 4:2. Auch am Samstag hätten sie gute Chancen gehabt, die Führung zurückzuerobern. Jedoch fehlte vor dem gegnerischen Tor plötzlich die Abgeklärtheit. Derweil liess sich die Defensive bei den Stossangriffen der Heidenheimer mit einfachen Mitteln ausspielen.

«Du siehst die totale Verunsicherung in dieser Mannschaft», sagte der frühere Bayern-Captain Stefan Effenberg in der Fussball-Talkshow «Doppelpass». Für den 55-Jährigen ist klar, dass es dem Team trotz klingender Namen an der nötigen Mentalität fehlt: «Es gibt keinen Spieler, an dem sie sich orientieren können.»

Diesbezüglich hoffen die Münchner, dass die in Heidenheim angeschlagen fehlenden Manuel Neuer, Leroy Sané und Kingsley Coman in London wieder zur Verfügung stehen. Vor allem eine Rückkehr von Captain Neuer, der sich in der Länderspiel-Phase eine Verletzung an den Adduktoren zugezogen hat, soll dem Team wieder mehr Sicherheit geben. Der 38-jährige Goalie bestritt am Montag wie Sané und Coman das Abschlusstraining.

Die erbosten Fans

Die Frage nach den Führungsspielern stellt sich auch bei den Fans der Münchner. Nach der Partie in Heidenheim standen nämlich nur drei der jüngeren Spieler länger vor den mitgereisten Anhang. Alphonso Davies (23), Bryan Zaragoza (22) und Mathys Tel (18) waren bereit, sich mit dem Unmut auseinanderzusetzen. Letzterer versuchte erfolglos seine Mitspieler, die nach wenigen Sekunden wieder Richtung Garderobe verschwanden, zum Verbleib zu überzeugen.

Entsprechend kleinlaut ist es auch in den Sozialen Medien geworden. Dort hatten die Münchner Fans bei der Auslosung nicht ohne Spott an die letzten Champions-League-Duelle mit Arsenal erinnert. Zwischen November 2015 und März 2017 gab es drei 5:1-Siege für Bayern (zweimal daheim, einmal auswärts). Inzwischen ist es diesbezüglich ruhig geworden, denn anders als bei den Münchnern verläuft die Formkurve der Londoner, welche die Premier League anführen, seit Wochen nach oben.

Dass gegen Arsenal kaum mit Fan-Unterstützung für die Gast-Mannschaft zu rechnen ist, liegt indes an den Anhängern selbst. Nach Ausschreitungen im Achtelfinal bleibt der Auswärtsblock gesperrt. In Rom hatten die Bayern-Anhänger Gegenstände geworfen und Pyrotechnik gezündet. Bereits im Oktober war eine Bewährungsstrafe ausgesprochen worden, die für das Arsenal-Spiel umgesetzt wird.

Der ratlose Tuchel

Nach der Blamage am Samstag war zudem die Frage aufgekommen, ob Trainer Thomas Tuchel am Dienstag noch an der Seitenlinie stehen würde. Der 50-Jährige, dessen Abgang auf Ende Saison bereits feststeht, trägt mit der überraschenden Umstellung in der Abwehr eine Mitschuld an der Niederlage. Zudem wirkte er zuletzt zunehmend unzufrieden und ratlos. Es sei «schwer zu beantworten», wie er jetzt einen positiven Impuls setzen wolle, sagte der Trainer nach der Niederlage in Heidenheim.

Der Effekt der am 21. Februar angekündigten Trennung im Sommer scheint verflogen. Am Samstag holte sich Tuchel wegen Reklamierens die vierte Gelbe Karte, weshalb er das Spiel vom kommenden Wochenende, an dem Bayer Leverkusen bereits den Meistertitel feiern könnte, von der Tribüne aus verfolgen muss.

Trotzdem hält die Klubführung vorerst an Tuchel fest. Sportchef Max Eberl hatte den Trainer sogar für seine «extrem emotionale» Ansprache vor dem Spiel gelobt. «Thomas hat alles in diesen Besprechungsraum gelegt. Wenn du dann das zurückbekommst, ist es definitiv nicht das, was Thomas verdient hat.» Tuchel, der 2021 Chelsea zum Champions-League-Titel führte, muss nun einen anderen Weg finden, seinen Spielern neue Motivation und Inspiration einzuhauchen.

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