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Ponti hat aus den Fehlern gelernt

Noè Ponti strebt an den Olympischen Spielen in Paris eine weitere Medaille an. Wie vielversprechend die Perspektiven sind, unterstreichen die Leistungen an den Schweizer Meisterschaften.

Agentur
sda
09.04.24 - 10:53 Uhr
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Noè Ponti hatte an den Schweizer Meisterschaften in Uster viel Grund zur Freude
Noè Ponti hatte an den Schweizer Meisterschaften in Uster viel Grund zur Freude
KEYSTONE/PATRICK B. KRAEMER

«Ich denke, ich bin hier bei 70, 80 Prozent», sagte Noè Ponti am vergangenen Mittwoch im Vorfeld der nationalen Titelkämpfe in Uster im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Einen Tag später verbesserte er über 50 m Delfin zweimal den eigenen Schweizer Rekord und gelang ihm mit 22,65 Sekunden eine Zeit, die zuvor weltweit erst fünf Schwimmer unterboten hatten. Am Samstag senkte er im Vorlauf über 100 m Delfin, in jener Disziplin, in der er 2021 in Tokio Olympia-Bronze gewonnen hat, seine Bestmarke um 58 Hundertstel auf 50,16 Sekunden. Auch auf dieser Strecke waren erst fünf Athleten schneller.

Pontis gesamter Fokus gilt den Olympischen Spielen in Paris, die am 26. Juli eröffnet werden. Deshalb machte für ihn ein Start an den Weltmeisterschaften im Februar in Doha keinen Sinn. Der 22-jährige Tessiner begründete den Verzicht auf eine Teilnahme auch damit, dass andere Top-Schwimmer gefehlt hätten. «Klar ist man trotzdem Weltmeister, wenn man gewinnt», sagte Ponti zwar. Dennoch war für ihn der Anreiz nicht hoch genug und ging die Absage für die Sponsoren in Ordnung - er kann mittlerweile gut vom Schwimmen leben.

In Fukuoka stimmte zu vieles nicht

So fehlt eine WM-Medaille im 50-m-Becken weiterhin in seinem eindrücklichen Palmarès. Im vergangenen Juli in Fukuoka kam Ponti bloss über 100 m Delfin in den Final und musste sich in diesem mit Platz 7 begnügen. Zu vieles stimmte damals nicht. So war die Tapering-Phase, in der die Trainingsbelastung reduziert wird, um die Anpassungsprozesse zu optimieren, zu lang. Deshalb erreichte er schon im Pre-Camp in Fuji den Peak.

Dann verspürte Ponti mehr medialen Druck als gedacht. Zudem war er ab April fast nie mehr Hause. «Als ich in Fukuoka ankam, war ich mental schon sehr müde», blickte Ponti zurück. Deshalb fehlte der absolute Biss, sehnte er sich vielmehr nach Ferien. «Es war echt so. Zu verlieren, ist nie einfach, wir haben jedoch daraus gelernt.»

Das unterstreichen die Kurzbahn-Europameisterschaften im vergangenen Dezember im rumänischen Otopeni, an denen Ponti dreimal Gold und einem Silber gewann. Über 50 m Delfin verpasste er den Weltrekord lediglich um vier Hundertstel, über 100 m Delfin gelang ihm ein Europarekord. Als Lohn wurde er kürzlich zu Europas Schwimmer des Jahres gekürt.

Dabei setzte er sich unter anderen gegen den Franzosen Léon Marchand durch, der an der WM in Fukuoka dreimal Weltmeister geworden war. Ponti erhielt 50 Prozent der Stimmen der Mitgliedsverbände. Als er von der «Ehre» erfuhr, war er an einem Wettkampf in Nizza. «Es war schon ein bisschen eine Überraschung. Das bedeutet auch, dass die Leute mich mögen und ist sicher eine grosse Motivation.»

Viel Arbeit im mentalen Bereich

Nach Otopeni trainierte Ponti während fast drei Monaten ausschliesslich - «das war wichtig für mich». Drei Wochen war er in der Höhe von St. Moritz, wo er an der Basis arbeitete. Das hat sich bewährt. Nach zwei Tagen zu Hause ging er dann für zehn Tage nach Lanzarote an die Sonne, ehe er wieder im Tessin trainierte.

Wie sieht das weitere Programm aus? Diese Woche bestreitet er noch die Vereinsmeisterschaften, ehe er wieder nach Lanzarote geht, diesmal für drei Wochen. Ansonsten wird er grösstenteils zu Hause sein, schliesslich will er nicht den gleichen Fehler wie vor Fukuoka machen. Anfang Juni startet er am Mare Nostrum in Monaco. Danach ist offen, ob er an die EM in Belgrad (17. bis 23. Juni) reist oder am Sette Colli Meeting in Rom (21. bis 23. Juni) teilnimmt. Unmittelbar vor den Olympischen Spielen bestreitet das Schweizer Team noch ein Pre-Camp im Norden von Paris.

Zum nun grösseren Druck sagt Ponti: «Damit muss ich lernen umzugehen.» Alle zwei Wochen trifft er sich mit seinem Mentaltrainer. Zudem meditiert und visualisiert er. Seine Ausbildung zum Physiotherapeuten unterbricht er bis nach Paris - vor dem Trainingslager in St. Moritz legte er noch Prüfungen ab.

Nach Bronze in Tokio ist für Ponti selbstredend eine weitere Medaille das Ziel. «Ich weiss, was ich kann», sagte Ponti. Er stellte aber zugleich klar: «Die Konkurrenz ist sehr gross. Vielleicht verbessere ich meinen Schweizer Rekord um eine Sekunde und werde dennoch bloss Vierter.» In diesem Fall würde er sich nichts vorwerfen. Wie auch immer stimmt der Weg, wenn schon mit 70, 80 Prozent solche Top-Leistungen möglich sind.

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