×

Altersheime in der Surselva schliessen Zimmer: «Der Markt ist ausgetrocknet»

Leere Zimmer und völlig ausgelastetes Personal. So sieht die Situation in vielen Altersheimen in der Surselva aus.

Südostschweiz
21.09.23 - 16:08 Uhr
Wirtschaft
Leere Betten: Die Personalsituation in Alters- und Pflegeheimen ist kritisch.
Leere Betten: Die Personalsituation in Alters- und Pflegeheimen ist kritisch.
Bild TV Südostschweiz

Alters- und Pflegeheime in der Surselva sind aufgrund des Personalmangels am Anschlag. Es werden Zimmer geschlossen und Betten leer stehengelassen. Der Fachkräftemangel macht vor allem der Pflegebranche zu schaffen. In den letzten Monaten hat sich die Situation verschärft. Ein Blick in das Altersheim Casa Sogn Martin in Trun zeigt den Ernst der Lage. «Die Nachfrage ist da, aber es fehlt das Personal», sagt Heimleiter Donat Nay gegenüber TV Südostschweiz. 

Das Altersheim in Trun hat seit zwei Monaten sieben unbelegte Betten. Die Aufnahme von neuen Bewohnenden ist nicht möglich. «Wir wollen das bestehende Personal nicht überbelasten», sagt Nay. Die Suche nach qualifiziertem Personal ist schwer. In der Surselva sei man dabei, ein Gesundheitsnetz zu bilden, um die Personalrekrutierung voranzutreiben. «Es handelt sich um ein grosses Projekt, wobei alle Gesundheitsinstitutionen in der Region Surselva unter einem Dach geführt werden sollen», so Nay. 

«Der Markt ist ausgetrocknet. Der Fachkräftemangel ist mein grösstes Problem.»

Donat Nay, Altersheimleiter Trun

Das bestehende Personal lasse sich nur mit weiteren Arbeitskräften entlasten. «Der Markt ist ausgetrocknet. Der Fachkräftemangel ist mein grösstes Problem», sagt Nay. Er arbeitet mit verschiedenen Agenturen zusammen, um neues Personal zu rekrutieren. Dabei werden unter anderem auch Fachkräfte aus dem Ausland in Betracht gezogen. «Das ist aber eine ethische Frage, ob wir Leute im Ausland suchen, wo die selber noch grössere Probleme mit dem Fachkräftemangel haben», erklärt Nay. 

Fachkräftemangel: Das Pflege- und Altersheim Casa Sogn Martin in Trun ist stark betroffen. 
Fachkräftemangel: Das Pflege- und Altersheim Casa Sogn Martin in Trun ist stark betroffen. 
Bild TV Südostschweiz

Institutionen sind gefordert, mehr Fachkräfte auszubilden

Das Gesundheitsamt Graubünden versucht, diesem Problem entgegenzuwirken. «In letzter Zeit ist das Problem eindeutig zunehmend und trifft vor allem die Peripherie», sagt Rudolf Leuthold, Leiter des Gesundheitsamtes Graubünden. In den Zentren sehe es zwar besser aus, aber auch dort werde es zunehmend schwierig, Personal zu finden. Entsprechend wird es schwieriger, einen Platz in einem Pflegeheim zu erhalten. «Es kommt zu längeren Wartezeiten und es kann für die Bevölkerung in ländlichen Regionen schwieriger werden», erklärt Leuthold.

Trotz vieler Massnahmen wie der Pflegeinitiative und anderen Programmen ist es schwer, dem Mangel entgegenzuwirken. «Es ist naiv zu glauben, dass das Gesundheitsamt etwas gegen dieses Problem machen kann», so Leuthold. Man sei auf die Institutionen angewiesen, die gefordert seien, möglichst viele Fachkräfte auszubilden. Ein weiteres Problem liege in den nachrückenden Generationen: «Die Demografie arbeitet gegen uns. Für drei Personen, die in Pension gehen, rücken zwei nach.» 

Die Aufgabe vom Gesundheitsamt bestehe darin, zu kontrollieren, dass genug Personal im Betrieb ist. «Das wird vierteljährlich kontrolliert», so Leuthold. Dabei werden die Anzahl der Patientinnen und Patienten mit der Anzahl des Personals abgeglichen. Im schlimmsten Fall wird ein Aufnahmestopp verhängt. «Heutzutage ist es aber so, dass die meisten Pflegeheime selber sehen, dass es zu wenig Personal hat und keine neuen Gäste aufnehmen», so der Gesundheitsamtleiter. 

«Die Demografie arbeitet gegen uns. Für drei Personen, die in Pension gehen, rücken zwei nach.» 

Rudolf Leuthold, Leiter Gesundheitsamt Graubünden

Zukunftsprognosen sind besorgniserregend

Für Personen, die auf ein Altersheim angewiesen sind, aber aufgrund des Platzmangels in kein Pflegeheim aufgenommen werden können, gibt es Alternativen. Laut Leuthold steht die Spitex im Vordergrund, wobei auch dort die Möglichkeiten begrenzt sind. Weiter ist auch das betreute Wohnen eine Möglichkeit, um der Problematik auszuweichen. Und: «Letztendlich werden die Angehörigen schauen müssen, was machbar und was nicht machbar ist.»

Auch Alterswohnungen sind laut Leuthold eine gute Alternative zu den Pflegeheimen. Gerade für ältere Menschen, die in Häuser lebten, in denen sich die Infrastruktur für das Alter nicht eigne, sei das eine gute Möglichkeit. «Demnach können ältere Menschen viel länger selbstständig in den eigenen vier Wänden wohnen», so Leuthold. Die Aussichten für die Zukunft seien aber besorgniserregend. Die Babyboomer-Generation altert und von der neuen Generation rückt zu wenig nach. «Mit den heutigen Prognosen haben wir schlicht und einfach zu wenig Personal», sagt Leuthold. (jua/mil)

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.

Immer nur hoch qualifiziertes Personal einstellen! Es ginge auch mit angelernten Personen.Überdenkt die Ausbildung man braucht ja Heute fast die Matura für ein Pflegeberuf ,und Schüler mit Abschlussklasse haben keine Chace in ein Pflegeberuf einzusteigen!

Die Arbeitsbedingungen müssten geändert werden, bessere Löhne usw.
Ich bin eine Fachperson in der Pflege hätte auch bei einigen Stellen zugesagt,
aber Sie sind mir bei meinen Lohnforderungen nicht entgegen gekommen.
Ich musste alle Festanstellungen absagen....ich arbeite wieder Temporär
In nächster Zeit wird sich leider auxh nichts ändern.

Es reicht nicht mehr Personal auszubilden. Die Pflegenden müssen besser entlöhnt werden. Dann bleiben auch mehr Frauen/Männer nach der Ausbildung im Job. Ob Altersheime oder Spital, überall das gleiche Bild.

Den Institutionen die Verantwortung zuzuschieben ist nicht die Lösung. Wie sollen mehr Lernenden ausgebildet werden wenn die Interessen fehlen? Wer soll die Lernenden betreuen, wenn das Fachpersonal fehlt? Und wie können wir dem Umstand entgegen wirken, wenn Lehrabgänger nur Teilzeit arbeiten möchte? Viele der Generation Z arbeiten um zu leben und nicht wie wir Babyboomer leben zum Arbeiten.
Das sind nur wenige Gründe für den Fachkräftemangel, die weder das Gesundheitsamt noch die Institutionen lösen können.

Mehr Kommentare anzeigen

SO-Reporter

Euer Foto auf unserem Portal

Habt Ihr etwas gesehen oder gehört? Als Leserreporter könnt Ihr uns Bilder, Videos oder Inputs ganz einfach per WhatsApp an die Nummer 079 431 96 03 senden.

Kontakt hinzufügen WhatsApp Nachricht senden

Mehr zu Wirtschaft MEHR