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Die Glarner Rehkitz-Rettung macht sich bereit

Nach der Geburt legen Rehe ihre Kitze im hohen Gras ab, wo sie für Landwirte nur schwer zu entdecken sind. Darum braucht es Drohnen-Pilotinnen und Piloten, um die Rehkitze vor dem Mähen aufzuspüren.

Südostschweiz
07.03.23 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Erstes Briefing 2023: Markus Wigger, der Technische Leiter und stellvertretender Einsatzleiter der Rehkitzrettung, informiert künftige Drohnenpilotinnen und -piloten über die verschiedenen Einsatzdrohnen.
Erstes Briefing 2023: Markus Wigger, der Technische Leiter und stellvertretender Einsatzleiter der Rehkitzrettung, informiert künftige Drohnenpilotinnen und -piloten über die verschiedenen Einsatzdrohnen.
Bild Hans Speck

von Hans Speck

Wenige Wochen vor dem Setzen (dem Gebären) der Rehkitze, hat die Rehkitz-Rettung Glarnerland im Gemeindehaussaal in Haslen ein erstes Mal getagt. Die insgesamt sieben Pilotinnen und Piloten des Glarner Drohnen-Teams traf sich mit Vertretungen der kantonalen Hegekommission und Nachwuchspiloten aus dem Glarnerland und der näheren Umgebung zu einem ersten Briefing.

Besprochen wurden Themen wie die Umsetzung und Übernahme der Regulierungspflicht in der Europäischen Union, die Registrierung als Pilotin oder Pilot und deren Drohnen, die Ausbildung oder die Nachwuchsförderung. Stefan Imhof, Projektleiter der Rehkitzrettung Glarnerland, empfing die Teilnehmenden, Markus Wigger, der Technische Leiter und stellvertretende Einsatzleiter der Rehkitzrettung, informierte sie über die neusten Entwicklungen.

Der Rettung der Rehkitze verschrieben

Auch im Kanton Glarus mähen die Bäuerinnen und Bauern jährlich zahlreiche Wiesen, die auch wichtige Lebensräume für viele Tiere und Pflanzen sind. Beim Mähen können jedoch auch Rehkitze «vermäht» werden, die in den ersten Lebenswochen mit dem gepunkteten Fell gut getarnt sind und sich im hohen Gras ducken.

So haben sich 2019 Leute aus dem Glarner Jagdverein, dem kantonalen Amt für Jagd und Fischerei, dem Naturschutzverband Pro Natura Glarus, dem Tierschutzverein Glarus, der Kantonalen Hegekommission und einem Vertreter der Landwirtschaft zu einer Arbeitsgruppe zusammengeschlossen, die sich der Rettung der Rehkitze widmet. Denn in der Schweiz sterben jährlich mehrere Tausend Rehkitze bei der Grasernte. Davor geschützt werden sie hauptsächlich mit Verblenden.

Dabei werden am Abend vor dem Mähen weisse Tücher, helle Futtersäcke, Baustellenlampen oder Ballone in den Wiesen aufgehängt oder installiert. Das beunruhigt die Rehgeiss, wodurch sie ihren Nachwuchs in der Nacht aus den Feldern holt. Allerdings gewöhnen sich die Tiere sehr rasch an das Verblendmaterial.

Wärmebildkameras und Quadrokopter im Einsatz

Trotz der schnellen Gewöhnung bleibt das Verblenden im Kanton Glarus das grundlegende Element der Rehkitzrettung. Es wird von den jeweiligen Hegeortsobmännern organisiert und durchgeführt. Auch die Wildhut beteiligt sich daran und koordiniert Aktionen.

Trotzdem verenden immer noch Rehkitze an Mähverletzungen. Der angeborene Drückinstinkt veranlasst die Rehkitze, sich bei Gefahr ganz still zu verhalten und an den Boden zu pressen. Nach zwei bis drei Lebenswochen verliert sich dieser Instinkt. Dennoch verlassen sich die Rehkitze immer noch auf ihre gute Tarnung und springen erst auf, wenn die Gefahr auf wenige Meter herangekommen ist. Das ist meist zu spät, um sich vor einer schnell nahenden Landmaschine in Sicherheit zu bringen.

Darum werden auch Drohnen zur Rettung der Rehkitze eingesetzt. Dafür zuständig ist im Kanton Glarus die Arbeitsgruppe Rehkitzrettung Glarnerland. Sie benutzt dafür auch Wärmebildkameras und moderne Quadrokopter. Die Rehkitzrettung arbeitet im Team und besteht aus ausgebildeten Drohnenpilotinnen und Helfern. Zum Pilotieren der Drohnen können sich jüngere und ältere Frauen und Männer ausbilden lassen. In der offenen Kategorie verlangen die EU-Normen aber ein Mindestalter von zwölf Jahren. Helfende können Jägerinnen, Jäger und Privatpersonen sein.

Landwirte melden die zu mähenden Wiesen

Anfang Jahr hat die Schweiz die Regeln im Umgang mit Drohnen übernommen, die in der EU gelten. Danach sind alle Drohnenpilotinnen und -piloten verpflichtet, sich und ihre Drohnen registrieren zu lassen. Die Ausnahme bilden Drohnen unter 250 Gramm und solche, die weder mit einer Kamera noch mit einem Sensor oder einem anderen Gerät zur Aufnahme personenbezogener Daten ausgestattet sind.

Für eine Rehkitzrettung meldet der Bauer oder die Bäuerin die Wiese, die gemäht werden soll, dem Hegeortsobmann. Falls sich das Verblenden nicht eignet, meldet er dem Drohnen-Einsatzleiter, was abzufliegen ist. Dieser entscheidet, welche Dohne aufzubieten ist. Im Anschluss geht ein telefonischer Anruf oder eine Kurznachricht an das Pikett-Team.

Bei Unklarheiten bespricht die Drohnenpilotin den Einsatz mit dem Landwirt. «Wer bringt die Kisten mit?», kann zum Beispiel eine der Fragen sein, die geklärt werden sollen.

Noch vor dem Sonnenaufgang muss die Wiese oder das Feld dann abgeflogen werden. Darauf geht entweder die Meldung «Rehkitz gefunden» oder «kein Rehkitz im Feld» an die Einsatzleitung. Wird ein Rehkitz gefunden, wird es wie zuvor gelernt gesichert.

Bei der Kommission für den Einsatz von Rehkitzrettungen wird immer wieder betont, dass sowohl das Verblenden, der Einsatz von Drohnen als auch jener von Helferinnen und Helfern gratis ist. Das gilt für Besitzer und Pächter einer Liegenschaft, aber auch für Privatpersonen. Freiwillig darf aber selbstverständlich ein Unkostenbeitrag beigesteuert werden, ebenfalls willkommen sind allgemeine Spenden an die Rehkitzrettung Glarnerland.

Weitere Informationen gibt es beim Projektverantwortlichen, Stefan Imhof, unter 078 727 62 32

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